Stecken Sie in der Perfektionismus-Falle?

Sie legen Ihre Meßlatte hoch? Sie haben hohe Ansprüche und finden immer etwas, das Sie noch besser machen wollen? Sie liefern exzellente Ergebnisse und sind auf der Erfolgsspur? Das ist wunderbar – aber nicht ganz ungefährlich. Wenn Ihre Meßlatte so hoch liegt, dass Sie Ihren Ansprüchen kaum jemals gerecht werden, manövrieren Sie sich möglicherweise selbst in die Dauer-Überforderung.

Woher kommt die Perfektionismus-Falle?

Meist ist es erlerntes Verhalten aus der Kindheit. Oft steckt der Wunsch nach Anerkennung, nach Lob und Liebe dahinter. Oft ist es auch die Angst, nicht gut genug zu sein. Vielleicht gab es in Ihrer Kindheit Zuwendung nur bei guten Leistungen. Hinzu kommt, dass wir in unserer Gesellschaft auf Leistung getrimmt sind. Selbstoptimierung ist angesagt. Im Beruf sollen wir immer schneller sein, immer flexibler das nächste Projekt, die nächste Veränderung managen. Im Privaten sollen wir noch fitter werden, uns noch gesünder ernähren etc..

Perfektionismus ist eine Illusion

Perfektion ist kaum zu erreichen. An diesem Anspruch müssen wir scheitern. Qualität und exaktes Arbeiten sind in vielen Berufen wichtig, wie bei einem Chirurg. Auf zwei Dinge kommt es dabei an:

  • Entscheiden, wann man exakt arbeiten muss und wann nicht.
  • Wissen, wann es gut genug ist.

Stecken Sie in der Perfektionismus-Falle?

Etwas perfekt zu tun, gibt uns ein gutes Gefühl und deshalb tappen wir leicht in die Falle. Checken Sie, ob der Perfektionismus Sie schon im Griff hat:

Sie können nicht delegieren.

  • Sie erledigen die Dinge lieber selbst, damit es wirklich korrekt ist und delegieren selten.
  • Sie finden oft kein Ende bei Ihrer Arbeit, weil es immer noch nicht gut genug ist.
  • Sie wollen Fehler vermeiden und checken alles (mehrmals?).
  • Sie können sich nicht über Ihre Erfolge freuen.
  • Sie sind sehr selbstkritisch und verzeihen sich Fehler nicht.

Je öfter Sie Ja angekreuzt haben, desto mehr Dauer-Druck machen Sie sich. Vorsicht, Sie könnten ausbrennen.

Wie kommen Sie raus aus der Perfektionismus-Falle?

Akzeptieren

Versuchen Sie nicht, Ihren Perfektionismus komplett abzulegen. Je mehr Sie ihn loswerden wollen, desto stärker beißt er sich fest. Er hat auch seine guten Seiten, denn immerhin hat er zu Ihren Erfolgen beigetragen. Machen Sie sich bewusst, in welchen Situationen er ihnen von Vorteil war und wann er ihnen im Weg stand. Am besten schriftlich. So werden Sie ihn Stück für Stück als einen Anteil von sich zu akzeptieren.

Gut genug? – Bewusst entscheiden.

Suchen Sie Tätigkeiten – ob im Beruf oder im Privaten – die nicht perfekt und exakt gemacht werden müssen. Kochen zum Beispiel. Experimentieren Sie, wie sich das für Sie anfühlt, es nicht perfekt zu machen. Selbst wenn es am Anfang ungewohnt ist, mit der Zeit wird das ungute Gefühl verschwinden.

Zeitfenster definieren

Bekanntlich dauert eine Aufgabe immer so lange, wie man ihr Zeit gibt. Stellen Sie sich vor, Sie haben für Aufgabe X nicht 5 Tage, sondern nur zwei Tage. Was sind die Hauptpunkte, die Sie erledigen müssen? Ohne die Details und ohne mehrmaliges Checken. Ist das zu schaffen?

Mein Mini-Tipp mit maximaler Wirkung: Time-Boxing

Ich definiere, wie lange ich an einer Aufgabe arbeite und ich mache genau dann Schluss. Das diszipliniert ungemein. Ich arbeite deutlich effizienter und habe mehr Spaß dabei.

Jetzt wollen Sie alle Tipps befolgen – ganz perfekt? Vorsicht! Tappen Sie nicht in die nächste Falle. Sehr viel effektiver ist, das spielerisch und mit einer Prise Humor anzugehen. Probieren Sie aus, wann Ihr kleiner Perfektionist sich laut meldet und wie Sie ihn am besten aushebeln können – mit Geduld und Großzügigkeit sich selbst gegenüber.

“Ring the bells that still can ring.
Forget your perfect offering.
There is a crack in everything.
That is where the light gets in.”

Leonard Cohen: Anthem

Zur Übersicht...